Eine typische Erscheinung im Stadtbild Flanderns und anderer Teile Belgiens sind die monumentalen Belfriede. Diese anfangs in hölzerner Bauweise errichteten Glockentürme („bellen“ = läuten) dienten in erster Linie der Sicherheit und Wehrhaftigkeit der Stadt. Das Läuten der Stadtglocke im Wachturm rüttelte die Bürger bei Gefahren wie Feuer oder Feinden auf.
Ab dem 14. Jh. Vorzugsweise in Stein erbaut, wurden die Türme mit Erstarken des städtischen Selbstbewusstseins das Synonym für die wirtschaftliche Macht und die politische Unabhängigkeit und Freiheit der Bürger. Dies war eine deutliche Demonstration nicht nur gegenüber dem klerikalen Symbol der Kirchtürme, sondern auch gegen die Machtansprüche der jeweiligen Feudalherren.
In den meisten Fällen wurden die Belfriede an die Tuchhalle (oder das Rathaus) der Stadt angebaut. Oft befanden sich in den Kellergewölben die dunklen Verliese eines Gefängnisses. Ebenerdig lagerten und verkauften die Händler ihre kostbaren Waren und im ersten Obergeschoss diente eine große Halle als Versammlungsraum. Die Wächter saßen im höchsten Geschoss des Turms, um bei Gefahr rechtzeitig zu läuten.
Ab dem 13. Jh. regelten zusätzlich die Glocken den mittelalterlichen Tagesablauf. Später ertönten ganze Glockenspiele – die Meister dieses schwierigen Instruments beeindrucken bis heute mit ihren Konzerten aus luftiger Höhe nicht nur den Musikliebhaber.
Belfriede gibt es nicht nur in Belgien, sondern auch in den Niederlanden, England, Teilen Nordfrankreichs und in der Toskana – überall dort, wo im Mittelalter die Macht der Bürger die der feudalen oder klerikalen Herren übertrumpfte.
Seit 1999 zählen 30 Belfriede in Belgien zum Weltkulturerbe der UNESCO, darunter die Glockentürme von Mechelen, Dendermonde, Gent, Brügge und Tongeren.
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